Was wirklich funktioniert – und was nicht
Wenn es ums Abnehmen geht, kursieren unzählige Abnehm-Mythen, Tipps, Tricks und Regeln. Manche davon halten sich hartnäckig, obwohl sie längst wissenschaftlich widerlegt sind. Andere klingen plausibel, führen aber in der Praxis eher zu Frust als zu Erfolg. Wer den Überblick behalten will, steht schnell vor einer Herausforderung. In diesem Beitrag schauen wir uns die bekanntesten Abnehm-Mythen an, erklären, was wirklich dahintersteckt, und zeigen auf, worauf du dich stattdessen verlassen kannst – wissenschaftlich fundiert, alltagstauglich und nachhaltig umsetzbar.
Mythos 1: Fett macht fett
Lange Zeit galt Fett als Hauptverursacher von Gewichtszunahme. Kein Wunder also, dass fettarme Produkte boomen und viele beim Abnehmen möglichst jede Fettquelle meiden. Dieser Mythos stammt noch aus einer Zeit, in der Fett generell als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gewichtszunahme galt.
Was wirklich stimmt: Fett hat mit 9 kcal pro Gramm zwar mehr Kalorien als Kohlenhydrate oder Eiweiß (beide ca. 4 kcal/g), aber das bedeutet nicht, dass es automatisch dick macht. Im Gegenteil: Fett ist essenziell für viele Körperfunktionen, unter anderem für den Hormonhaushalt, die Aufnahme fettlöslicher Vitamine (A, D, E, K) und die Zellregeneration. Studien zeigen, dass eine moderate Zufuhr gesunder Fette sogar beim Abnehmen helfen kann – vor allem über die Wirkung auf die Sättigungshormone Leptin und Ghrelin. Während Leptin dem Gehirn signalisiert, dass genügend Energie vorhanden ist, sinkt bei einer ausgewogenen Fettzufuhr gleichzeitig der Ghrelinspiegel, das sogenannte Hungerhormon. Ghrelin wird hauptsächlich im Magen produziert und steigt typischerweise vor den Mahlzeiten an. Durch gesunde Fette bleibt der Ghrelinspiegel länger niedrig, was dazu beiträgt, das Hungergefühl effektiv zu regulieren.
Ein weiteres Problem fettarmer Produkte: Sie enthalten oft mehr Zucker oder andere Zusatzstoffe, um Geschmack zu kompensieren. Das kann die Kalorienersparnis zunichtemachen.
Gesunde Fettquellen: Avocados, Nüsse, Saaten, Olivenöl, fetter Seefisch wie Lachs oder Makrele
„Es kommt auf die Gesamtbilanz an, nicht auf einzelne Makronährstoffe.“
Mythos 2: Spät essen macht dick

„Keine Kohlenhydrate nach 18 Uhr!“ – Dieser Spruch hat sich in vielen Köpfen festgesetzt. Die Idee dahinter: Wer spät isst, verbrennt die Kalorien nicht mehr, weil der Körper im Schlaf weniger aktiv ist, und nimmt dadurch zu.
Was wirklich stimmt: Der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme spielt eine geringere Rolle als oft angenommen. Entscheidend ist vor allem die Gesamtkalorienmenge pro Tag. Wer abends noch isst, aber insgesamt im Kaloriendefizit bleibt, wird trotzdem abnehmen. Das zeigen zahlreiche Studien – darunter auch solche, bei denen Testpersonen identische Mahlzeiten zu unterschiedlichen Tageszeiten konsumierten. Das Ergebnis: Der Gewichtsverlust hing nicht vom Essenszeitpunkt ab, sondern von der Kalorienbilanz.
Was allerdings eine Rolle spielt: Spätes, schweres Essen kann die Schlafqualität beeinträchtigen. Und schlechter Schlaf wiederum steht in direktem Zusammenhang mit Gewichtszunahme, da Hunger- und Sättigungshormone aus dem Gleichgewicht geraten (mehr Ghrelin, weniger Leptin).
Tipp: Wenn du abends hungrig bist, greife zu leicht verdaulichen, eiweißreichen Snacks wie Quark, Hüttenkäse oder Gemüsesuppe. Achte auf deinen Schlafrhythmus und höre auf deine individuellen Bedürfnisse.
Mythos 3: Kohlenhydrate sind der Feind beim Abnehmen
Low Carb ist nach wie vor ein Dauertrend. Viele Menschen lassen Brot, Nudeln, Reis oder sogar Obst weg, weil sie glauben, Kohlenhydrate seien Schuld an Übergewicht. Doch diese Sichtweise ist stark vereinfacht.
Was wirklich stimmt: Kohlenhydrate liefern Energie und sind besonders für aktive Menschen und sportlich Aktive wichtig. Sie sind nicht grundsätzlich schlecht – entscheidend ist, welche Kohlenhydrate du zu dir nimmst und in welcher Menge. Komplexe Kohlenhydrate aus natürlichen Quellen enthalten Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe, die lange sättigen und den Blutzucker stabil halten. Ein Übermaß an schnell verdaulichen, stark verarbeiteten Kohlenhydraten kann hingegen zu Heißhunger, Leistungstiefs und langfristig auch zu Gewichtszunahme führen.
Die Makronährstoffverteilung spielt beim Abnehmen durchaus eine Rolle, insbesondere in Bezug auf Sättigung, Blutzuckerregulation und Muskelmasse-Erhalt. Eine ausgewogene Verteilung mit einem angemessenen Anteil an Kohlenhydraten kann den Abnehmprozess unterstützen – besonders wenn diese Kohlenhydrate aus hochwertigen, ballaststoffreichen Quellen stammen.
Gute Kohlenhydratquellen: Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst, Gemüse, Quinoa, Haferflocken** Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst, Gemüse, Quinoa, Haferflocken
„Nicht die Kohlenhydrate sind das Problem, sondern der Überkonsum und die Qualität der Nahrung.“
Mythos 4: Je weniger du isst, desto schneller nimmst du ab
Viele Menschen setzen beim Abnehmen auf drastische Diäten oder radikale Kalorienreduktion. Kurzfristig führt das meist zu Gewichtsverlust – doch was passiert danach?
Was wirklich stimmt: Ein zu starkes Kaloriendefizit kann den Stoffwechsel verlangsamen, den Hormonhaushalt stören und die Muskelmasse deutlich reduzieren. Je weniger du isst, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dein Körper Muskelmasse abbaut, um Energie zu sparen. Das hat zur Folge, dass dein Grundumsatz – also die Menge an Kalorien, die du in Ruhe verbrennst – sinkt. Weniger Muskeln bedeuten weniger Kalorienverbrauch, auch im Schlaf oder beim Sitzen. Damit wird langfristiges Abnehmen schwieriger und der bekannte Jojo-Effekt wahrscheinlicher.
Zudem steigt bei starker Kalorienreduktion der Cortisolspiegel, was sich negativ auf den Fettabbau auswirken kann. Studien zeigen, dass moderate Defizite von 300–500 kcal pro Tag auf lange Sicht erfolgreicher und nachhaltiger sind. Sie ermöglichen eine bessere Nährstoffversorgung, helfen beim Erhalt der Muskelmasse und sind mental besser durchzuhalten.
Empfehlung: Achte auf eine ausgewogene, eiweißreiche Ernährung, iss regelmäßig und höre auf dein Sättigungsgefühl. Diätpausen oder „Refeeds“ können helfen, den Stoffwechsel aktiv zu halten.
Mythos 5: Du musst jeden Tag Sport machen, um abzunehmen
Sport ist gesund, klar. Aber die Annahme, dass man nur mit täglichem Training Gewicht verlieren kann, ist nicht korrekt – und schreckt viele ab.
Was wirklich stimmt: Abnehmen ist primär eine Frage der Ernährung. Die Faustregel: Rund 70–80 % des Erfolgs entstehen durch das, was auf deinem Teller landet. Bewegung ist dennoch eine wertvolle und sehr sinnvolle Ergänzung – insbesondere in Form von regelmäßigem Krafttraining.
Vor allem intensives Krafttraining 3 bis 4 Mal pro Woche ist aus mehreren Gründen empfehlenswert: Es hilft dabei, die Muskulatur zu erhalten oder sogar aufzubauen – was wiederum den Kalorienverbrauch erhöht, da Muskeln selbst im Ruhezustand mehr Energie benötigen als Fettgewebe. Gleichzeitig wirkt Krafttraining positiv auf den Hormonhaushalt und unterstützt den Erhalt eines gesunden Stoffwechsels, besonders während einer Diät.
Zudem verbessert Bewegung die Insulinsensitivität, hebt die Stimmung, reduziert Stress und trägt maßgeblich zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Wer glaubt, sich durch Sport alles „abtrainieren“ zu können, wird allerdings enttäuscht. Eine Stunde Joggen verbrennt ca. 500 kcal – das entspricht zwei kleinen Stücken Kuchen.
Tipp: Plane gezielt 3 bis 4 Sporteinheiten pro Woche ein, idealerweise mit Schwerpunkt auf Krafttraining. Kombiniere das Training mit Alltagsbewegung wie Spazierengehen oder Treppensteigen – so bleibst du aktiv, ohne dich zu überfordern.
Mythos 6: Gewicht ist der wichtigste Indikator für Erfolg
Viele messen ihren Fortschritt ausschließlich an der Zahl auf der Waage. Doch das Gewicht allein sagt wenig darüber aus, wie sich dein Körper und deine Gesundheit entwickeln.
Was wirklich stimmt: Muskelaufbau, Fettabbau, bessere Verdauung, mehr Energie – all das kann passieren, ohne dass sich dein Gewicht stark verändert. Muskeln wiegen mehr als Fett, daher kann dein Gewicht gleich bleiben, obwohl du deutlich schlanker und definierter aussiehst.
Auch Wassereinlagerungen, Zyklus, Schlaf, Salzaufnahme und Verdauung beeinflussen das Gewicht. Wer sich nur an der Zahl orientiert, übersieht oft die positiven Entwicklungen.
Besser: Mache regelmäßig Fotos, miss deine Körperumfänge, beobachte deine Stimmung, Energie, Fitness und deinen Schlaf. So siehst du den echten Fortschritt.
„Nicht nur dein Gewicht, sondern wie du dich fühlst, zeigt deinen Erfolg.“
Mythos 7: Man muss komplett auf alles Süße verzichten
Viele glauben auch, dass man beim Abnehmen komplett auf Süßes verzichten muss. Schokolade, Eis oder ein Stück Kuchen gelten oft als absolutes Tabu – aber das stimmt so pauschal nicht.
Was wirklich stimmt: Es ist vollkommen in Ordnung, auch während einer Abnehmphase ab und zu etwas Süßes zu genießen – solange es in die individuelle Kalorienbilanz passt. Entscheidend ist nicht der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel, sondern das Gleichgewicht über den Tag oder die Woche hinweg. Wer sich Süßes komplett verbietet, riskiert Heißhungerattacken oder Fressanfälle.
Wichtig ist, wie und wann man Süßes konsumiert: Ideal ist es, Süßes als kleinen Nachtisch direkt im Anschluss an eine Hauptmahlzeit zu genießen. So steigt der Blutzuckerspiegel langsamer an, und man vermeidet eine zusätzliche, isolierte Insulinausschüttung, wie sie bei Snacks zwischendurch entsteht. Die Kombination mit Proteinen, Ballaststoffen und Fetten aus der Hauptmahlzeit wirkt zudem sättigender und reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass man mehr davon will.
Fazit: Ein Stück Schokolade oder ein kleiner Nachtisch sind kein Problem – solange du sie bewusst einplanst und dein Kaloriendefizit einhältst.
Fazit: Was zählt wirklich beim Abnehmen?
- Ein moderates Kaloriendefizit, das du langfristig durchhalten kannst
- Proteinreiche, ballaststoffreiche und abwechslungsreiche Nahrung für Sättigung, Muskelerhalt und Gesundheit
- Regelmäßige Bewegung, die zu deinem Alltag passt und Freude macht
- Guter Schlaf, ausreichend Erholung und ein bewusster Umgang mit Stress
- Ein realistischer Blick auf Fortschritt, der mehr umfasst als die Waage
Wenn du dich von Diät-Mythen löst und auf fundiertes Wissen setzt, schaffst du dir eine gesunde Basis, die dich langfristig unterstützt. Abnehmen muss nicht extrem sein – sondern smart, nachhaltig und alltagstauglich.
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